Im Lichte der Enterpreneurship-Diskussionen und -Initiativen schreibt Nicole Arnitz einen Beitrag, in dem sie darstellt, dass „alle Entrepreneur sein wollen“ und weshalb sie das nicht gut findet. Ein wichtiger und mutiger Beitrag, der sich kritisch dem Image entgegenstellt, dass Unternehmertum automatisch gut und für jeden die richtige Entscheidung ist.
In Ihrem Beitrag beschreibt Nicole drei von ihr wahrgenommene Rollenbilder: Den Unternehmer, den Manager, die Fachkraft. Ich kann die grundsätzliche Aufteilung in diese drei Rollen gut nachvollziehen, möchte den Artikel aber gerne auch um drei Gedanken ergänzen:
Der eine hat mit Wertschätzung der drei Rollen zu tun. Sobald wir bestimmten Aufgaben einen höheren wahrgenommenen oder auch monetär begründeten Wert zuschreiben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn es entsprechende Sehnsuchten gibt. Die sind dann aber nicht intrinsisch motiviert, sondern durch die mit der Rolle verknüpften Äußerlichkeiten – und somit mittelfristig auch eher nachteilig. Auch in klassischen Rollen innerhalb von Unternehmen kennt man das: Der perfekte (und eigentlich in seiner Aufgabe auch aufgehende) Verkäufer „muss“ unbedingt Vertriebsleiter, also Manager, werden. Im Ergebnis hat man dann unter Umständen einen sehr guten Verkäufer weniger und einen schlechten Manager mehr. Peter-Prinzip nennt man das: Jeder wird auf die Stufe seiner Unfähigkeit befördert.
Der zweite Gedanke ist optimistischer: Das Leben verläuft nicht linear in eingefahrenen Bahnen. Und zunehmend verlaufen auch Lebensläufe und Karrierepfade in der neuen Welt der Arbeit ebenso nicht linear, sondern portfolio-artig. Man entwickelt sich weiter und auch die eigenen Vorstellungen von einem erfolgreichen, sinnstiftenden Arbeitsleben folgen dieser Überlegung. So manche Fachkraft bzw. so mancher Manager wagt im Verlauf seiner Karriere erfolgreich den Schritt ins Unternehmertum, ebenso wie auch die andere Richtung denkbar ist. Selbst, wenn wir mit bestimmten Prädispositionen in die Arbeitswelt starten, können Lebensläufe sehr bunt werden. Anerkannt ist das bislang in Österreich eher nur in eine Richtung (aus dem Angestelltenverhältnis in Richtung Unternehmertum), nicht aber in die andere: Da gibt es noch eine Reihe von Vorbehalten, ob jemand, der einmal selbständig (im wahrsten Sinn des Wortes war) sich später wieder in ein Unternehmensgefüge einordnen kann.
Der dritte Gedanke hat mit Unternehmergeist zu tun, also mit einer Einstellung und Werthaltung, die u.A. mit Mut, Schöpferkraft, Gestaltungswille verknüpft ist. Diese Haltung ist meiner Meinung nach essentiell und förderungswürdig, und zwar losgelöst von einem wirtschaftlichen Zielbild. Egal, ob jemand tatsächlich Unternehmer werden möchte oder Fachkraft, ist der Wunsch nach einem selbstbestimmten, schöpferischen Leben ganz persönlich entscheidend und auch gesellschaftlich wichtig. Die Herausforderungen des eigenen Lebens zu meistern und die der Gesellschaft proaktiv mitbestimmten zu wollen, setzt Unternehmergeist voraus.
In der Synthese heisst dies meiner Meinung nach: Jeder der drei von Nicole darstellten Typen hat einen hohen Stellenwert und es ist daher nicht unbedingt sinnvoll, Druck in Richtung einer bestimmten Rolle auszuüben – egal ob der Druck auf eine Einzelperson gerichtet ist oder ob er systematisch, etwa durch wirtschaftspolitische Maßnahmen, erfolgt. Parallel dazu müssen wir uns Gedanken dazu machen, wie wir die Durchlässigkeit zwischen diesen Typen fördern können, und zwar in alle Richtungen. Und schließlich ist eine Ermutigung und Kompetenzvermittlung in Richtung Unternehmergeist sinnvoll, und zwar unabhängig von Betriebs- oder Karriereformen.
Filed under: Entrepreneurship, Future Of Work, Life
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