Ich war heuer zum ersten Mal auf der OrgaTec, der führenden Büroorganisationsmesse, in Köln und wollte mir einen Eindruck verschaffen, wie “mein” Thema – Future of Work – auf der weltweit bedeutendsten Messe ausgestellt wird. Hier sind meine Erkenntnisse.
1. The Good.
Auf der Webseite der Messe wird ein historisches Zitat (aus dem Jahr 1953) verwendet: „Man unterschätze die ‚Äußerlichkeit‘ nicht, es ist nicht bedeutungslos für die Leistungsfähigkeit des schaffenden Menschen, ob er in einem schöngestalteten Büro oder in einem Schrank- und Aktenfriedhof arbeiten muss.” Das stimmt natürlich weiterhin: Es ist besser in einem schönen Büro mit neuen Möbeln zu arbeiten, als in einem hässlichen mit abgewohnten oder unergonomischen.
Und da zeigt sich die große Stärke der Messe: An schönen und gut designten Möbeln herrscht nun wirklich keinerlei Mangel, ergänzt mit ebenso spannenden und hochwertigen Einblicken in Materialien (etwa Bodenbeläge) und Objekten (etwa Lichtquellen).
Es gibt keinen Grund, in einem hässlichen, langeweiligen Büro zu arbeiten und die Messe zeigt jede Menge Exponate, wie es besser geht.
2. The Bad.
Leider leitet sich aus dem ersten Absatz auch direkt die erste Kritik ab. Nach dem Durchschreiten aller Hallen und der Unterhaltung mit unzähligen Ausstellern bleibt der Eindruck, dass Gestaltung nach wie vor im Vordergrund steht. Klar, die Funktionalität der einzelnen Produkte ist beeindruckend, Ergonomie, Schalldämpfung, Klimaregulierung usw. sind bei den allermeisten auf hohem Qualitätsniveau.
Bloß: Bei klaren Konzepten dahinter wird es dünn, da hört und liest man dann eben doch viele Gemeinplätze über das moderne Büro, die leider allzuoft als Marketinggeschwurbel daherkommen. Dass eine Arbeitsumgebung anhand harter Zahlen, Daten und Fakten, die spezifisch für den jeweiligen Kunden erhoben werden, optimiert werden kann und soll, dass es einen sehr engen Zusammenhang zwischen der ganz speziellen Unternehmenskultur und Bürolandschaft geben kann und soll, das ist nach wie vor viel zu selten bei (Innen-)Architekten und Möbelherstellern angelangt. Oder es bleibt auf der ästhetischen Ebene und dringt nicht an die Substanz vor.
Es werden wohl viele “Büros der Zukunft” ziemlich gleich aussehen und mittelgut funktionieren.
3. The Ugly.
Die Orgatec versteht sich laut Eigenwahrnehmung als Leitmesse für moderne Arbeitswelten. Und das in einer Zeit, die von einem enormen Umbruch der Arbeitswelt geprägt ist, ausgelöst durch Digitalisierung und der nicht unberechtigten Sorge, ob wir überhaupt noch Arbeit haben werden; durch Mobilität und der Kernfrage, warum wir eigentlich ins Büro gehen, wenn wir das Büro doch eigentlich in der Manteltasche mit uns herumtragen; durch neue Business Modelle, neue Formen der Zusammenarbeit, der Kommunikation und des Austausches; durch neue Wertvorstellungen zum Thema gelungene Karriere und Arbeit.
Und doch bleibt die Orgatec nicht viel mehr als eine Möbelmesse. Eine sehr gut gemachte, aber eben nur das. Gefühlt mehr als 90% der Fläche sind mit Tischen, Stühlen, Wandelementen voll. Eine innovative Insel im Ozean der Drehstühle liefert gerade mal die (kleine) Re/Work Ausstellung; von Büro-Technologie-Anbietern findet sich halbwegs prominent nur Microsoft und ein kleiner Stand des Fraunhofer Institutes; Unternehmensberater und all jene, die tiefgreifend Arbeit und Organisation neu konzeptionieren, fehlen letztlich völlig.
Vom Motto “Arbeiten neu denken” bleibt letztlich vor allem übrig: “Arbeitsmöbel schön denken”. Und das ist dann doch zuwenig.
Die erfreuliche Konsequenz aus dem Messebesuch für uns als Berater: Es gibt weiterhin jede Menge zu tun. Gut so.
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